Der Bund, Dienstag, 10. August 2004, Ressort Stadt & Region


LESERBRIEFE zu «Neue Regeln für Velos» im «Bund» vom 5. August 04

 
Kostspielige «Effizienz»


Es ist einmal mehr spannend, wie Bern mit den Velofahrenden umgeht. Statt endlich genügend gedeckte Abstellplätze am Bahnhof zu bauen, werden wir schikaniert.
Wochenendaufenthalter können nicht mehr mit dem Velo zum Bahnhof, da die Velos nach 4 Tagen beschlagnahmt werden. Das kurze Einkaufen auf dem Heimweg von der Arbeit ist nicht mehr möglich, weil sonst das Velo vor dem Einkaufsladen in der Bahnhofgegend beschlagnahmt wird.
Statt den umweltverträglichen Verkehr zu fördern, wird er in Bern mit allen Mitteln unterbunden. Offenbar ist es einfacher, mit riesigem Aufwand per Video zu kontrollieren, Velos zu beschlagnahmen, Schlösser zu knacken, Administrationsarbeiten zu erledigen . . ., als Veloabstellplätze zu bauen.
Ich empfehle den Verantwortlichen in Bern, diese Schnapsidee zu beerdigen und sich endlich an eine zukunftsgerichtete Velopolitik zu machen und sie umzusetzen.

Dominik Bachmann, Bern


Als Velofahrerin und Pendlerin fahre ich unter der Woche täglich mit dem Velo an den Bahnhof. Dieses Verkehrsmittel überzeugt mich, weil es in der Stadt oft schneller als die öffentlichen Verkehrsmittel ist, weil sich überall (zumindest bis jetzt) eine Veloabstellmöglichkeit finden liess, weil es wenig Platz beansprucht und weil es energie- und umweltfreundlich ist.
Die neue repressive Parkordnung und die drastisch reduzierten Veloabstellmöglichkeiten rund um den Bahnhof sind der falsche Ansatz einer Verkehrslenkungs-, Stadtplanungs- und Umweltpolitik. Statt wie Gemeinderat Tschäppät die Ästhetik und Gestaltung des Bahnhofplatzes im Auge zu haben und statt Gelder für die Kontrolle der neuen Veloparkordnung auszugeben, sollte in Bern vielmehr eine nachhaltige Energiepolitik mit der Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel angestrebt werden. Angesichts der zunehmenden Nutzung des Bahnhofs (Rail City und Bahn 2000) sind innovative Lösungen mit Zukunft gefragt. Vorbild für eine «ästhetische» und zugleich velofahrer(innen)freundliche Bahnhofs(platz)gestaltung könnte Basel sein, wo ein Veloparking unter dem Bahnhofsplatz eingerichtet wurde.
Dabei müsste Bern den Bahnhofsplatz nicht einmal mehr aushöhlen. Die Christoffelunterführung ist an gewissen Stellen schlecht ausgelastet (beispielsweise am Ausgang zu den Trams 3, 5, 9 in Richtung Bubenbergplatz) und liesse sich leicht als Veloparking umnutzen.

Barbara Schmid, Bern


Videoüberwachung, Gebühren, Ordnungsdienst, Weiterbildung, Beschäftigung . . . – sehr innovativ. «Gesamtschweizerisch ein Novum.» Da kann man wirklich stolz auf unsere Stadtregierung sein, die sich unter anderem grün nennt. Mit grossem Aufwand wird ein Chaos angegangen. Höchste Zeit, bravo. Dazu ist eine neue Vollstelle nötig, und für die Polizei kommt eine weitere wichtige Aufgabe hinzu. Hier kann ruhig viel Geld für ein beeindruckend ausgeklügeltes System ausgegeben werden, um mit Effizienz das Velofahren unattraktiv zu machen.
Alexander Tschäppät und seine Freunde fahren wahrscheinlich gratis Bern Mobil, nicht Rad. Wie sonst erreichen sie den Bahnhof? Sie wissen offenbar nicht, dass es kein ökonomischeres, ökologischeres, gesünderes, Platz sparenderes und geruch- und lautloseres Fortbewegungsmittel als das Velo gibt, das ideale Fahrzeug für die Stadt. Es bringt einen sozusagen von Tür zu Tür, ohne dass man Hunderte Meter zu Fuss zurücklegen muss. Seine Förderung wäre sehr effizient, wenn man den motorisierten Privatverkehr auf der Strasse reduzieren und die Lebensqualität in der Stadt verbessern wollte.
Nun gut, die Verantwortlichen ignorieren den eigentlichen Sinn des Fahrrads, haben viel Geld zur Verfügung und nichts Wichtiges zu tun. Und Bern hat eine neue Velo-Parkordnung, zum Glück.

Nils Wimmer
Muri