Filmen in der Abstellzone
Velos auf dem Bahnhofplatz sind derzeit scharf beobachtete Objekte: Täglich werden sie gezählt, jeden zweiten Tag gefilmt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Velostation und der Verkehrsdienst der Stadtpolizei haben den gemeinsamen Auftrag, die neue Parkordnung im Perimeter Bollwerk-Bahnhofplatz durchzusetzen. Velofahrende, die ihr Gefährt ausserhalb der markierten Fläche abstellen oder es länger als vier Tage stehen lassen, riskieren 40 Franken Busse und Gebühr beziehungsweise dessen Abtransport.
Etwa 50 Velofahrende verstiessen am gestrigen
Zeitpunkt der Erhebung gegen die Parkordnung: 30 Velos standen ausserhalb
der Fläche, 20 hatten die maximale Abstelldauer von vier Tagen überschritten.
Den Mitarbeitenden der Beschäftigungsprogramme
der Stadt Bern, welche die kostenpflichtige Velostation betreuen, kommen
lediglich Hilfsfunktionen zu: Sie informieren die Velofahrenden vor Ort
über die neue Parkordnung, ermitteln illegal abgestellte Velos und
markieren diese mittels Klebern; die Polizei räumt sie dann weg. Velos,
die nicht abgeholt werden, landen später im Verkauf (siehe oben stehenden
Text).
Achten auf Pedalstellung
Zur Überprüfung der Abstelldauer
setzen die Mitarbeiter der Velostation eine digitale Filmkamera ein – ein
Novum in der Schweiz. Der Kontrolleur filmt die abgestellten Velos aus
einer Distanz von etwa zwei Metern, während er im Schritttempo gemäss
Regieplan vom Bollwerk über die Aarbergergasse und Heiliggeistkirche
bis zum Burgerspital an den Abstellplätzen vorbeischreitet. Das Filmmaterial
wird anschliessend am Computer verglichen, zwischen den neuen und den alten
Bildern liegen vier Tage. Dauerparkierer sind darauf klar ersichtlich.
Dabei achten die Kontrolleure auch auf Details wie beispielsweise die Pedalstellung.
«Die Standbilder dienen als Grundlage
für die Markierung», erklärt Stephan Hirschi, Leiter der
Velostation. Während das digitale Bildmaterial nach einer Woche automatisch
gelöscht wird, bleiben die auf Papier ausgedruckten Fotos der illegalen
Objekte im Archiv. Diese Dokumente könnten allenfalls später
als Beweismittel dienen, sagt Hirschi. Im Moment allerdings geht die Polizei
noch nicht mit aller Härte gegen zweirädrige Parksünder
vor: «Die Schonfrist wird verlängert», sagt Franz Märki,
Chef des Mediendiensts der Stadtpolizei. Vorerst werden – wie gemäss
bisheriger Praxis – nur grobe Übertretungen geahndet.
«Frage der Bequemlichkeit»
Nach der Kundgebung vergangener Woche,
Protesten und kritischen Vorstössen im Stadtrat gegen die Parkordnung
sammelt die Stadtbehörde weitere Erkenntnisse. Gewisse Abstellflächen
sollen optimiert werden. Es sei auch eine «Frage der Bequemlichkeit»,
wenn Velofahrende einige wenige Schritte zum Bahnhof verweigerten, sagt
Roland Pfeiffer von der städtischen Fachstelle Fuss- und Veloverkehr.
In der Tat wächst der Parkierdruck mit der Nähe zum Bahnhof:
Während die Fläche beim Westportal regelmässig überbelegt
ist, hat es am Bollwerk stadtauswärts über 100 freie Gratisplätze.
Marschzeit zum Bahnhof: 30 Sekunden.
Peter Thomi, Mitarbeiter der Velostation,
kann auch von guten Erfahrungen berichten: «Viele finden es richtig,
dass es hier mehr Ordnung gibt.» Die «grössten Ärgernisse»
habe man bereits ausgeräumt.
Die Junge Alternative (JA), Organisatorin
der Kundgebung, zeigte sich in einer Mitteilung an die Medien erleichtert:
Der Protest gegen die «Velorepression» habe Wirkung gezeigt.
Es sei zu hoffen, dass die Polizei aufs Knacken von Veloschlössern
und Abtransporte definitiv verzichte. JA fordert den Ausbau des Abstellangebots.
Daniel Vonlanthen