BZ,
Donnerstag, 5. August 2004
Nun müssen die Velofahrer blechen
Als erste Schweizer Stadt geht Bern rigoros gegen falsch oder zu lang abgestellte Zweiräder vor. Ab Ende August wird beim Bahnhof gebüsst und weggeräumt. Damit würden die Velofahrer schikaniert, heisst es.
So frei der Blick vom Bahnhofsrestaurant über den Platz schweift, so rigoros sind die Verhaltensregeln, die Zweirad Fahrende dort unten künftig zu befolgen haben. Im «coté sud» informierte Planungsdirektor Alexander Tschäppät gestern über die neue Veloparkordnung. Sie tritt bereits nächsten Montag in Kraft. «Rund um den Bahnhof herrscht seit Jahren ein Velonotstand, um nicht zu sagen ein Chaos», sagte Tschäppät. Deshalb brauche es mehr Parkplätze, aber auch mehr Ordnung.
Der gesamte Bereich Bahnhofplatz und Bollwerk wird neu mit einem Halteverbot belegt. Parkieren ist nur noch in speziellen Zonen gestattet, und dies für höchstens vier Tage. Tschäppät will die neue, schweizweit erstmalige Regelung «rigoros» durchsetzen: Die Polizei verteilt Bussen und räumt weg (vgl. Kasten).
Velokontrolle mit Video
Scharf reagierten das Grüne Bündnis (GB) und die Junge Alternative (JA!). Mit hohen Geldbussen und Schikanen werde der Langsamverkehr nicht gefördert, hielt das GB fest. Die JA! fordert eine attraktive Velostadt statt eine repressive Parkordnung. Und die IG Velo kritisiert den zunehmenden Druck statt die Entschärfung der Abstellsituation für Velos.
Christof Bähler, Leiter der städtischen Fachstelle Fuss- und Veloverkehr, verteidigt die rigorose Ordnung im Interesse der Pendler und Pendlerinnen: «Wir wollen die knappen Abstellplätze besser verfügbar machen.» Dafür sorgt auch ein Team von Sozialhilfeempfängern. Ihre Aufgabe ist es, die ordnungswidrig abgestellten Velos und Roller zu markieren. Die Zweiräder werden alle zwei Tage mit Videokameras gefilmt, erklärte Stephan Hirschi, Leiter Velostation Bern.
Mehr Veloabstellplätze
Die Zahl der Gratis-Veloplätze beträgt neu 740 statt 500. Weitere 200, allerdings kostenpflichtige Plätze stehen in der Velostation Bollwerk bereit. Für Motorräder sind neu 25 Felder vor der Heiliggeistkirche markiert sowie 12 am unteren Bollwerk und 83 bei der Bahnhofvorfahrt auf der Perronplatte. Künftig sollen von der Schanzenbrücke bis ins Bollwerk 3000 Velos legal parkiert werden können, so sieht es das Parkraumkonzept vor. Zwei der vier vorgesehenen Velostationen sind bereits in Betrieb: beim Bollwerk (seit 2003, 200 Plätze) und bei der Schanzenbrücke (seit 2000, 140 Plätze).
Eine dritte Station beim Milchgässli, mit 520 Plätzen die grösste und zentralste, soll bald gebaut werden. Die Burgergemeinde lenkt offenbar ein. «Wir scheinen auf guten Wegen zu sein», betonte Alexander Tschäppät gestern. Über den Kredit werde der Gemeinderat in den «kommenden Monaten» befinden. Ungelöst ist das Veloproblem im Bereich Bahnhof West. Dort müssen bis zur Umnutzung der Schanzenpost 330 provisorische Plätze genügen.
HUGO WYLER MERKI
So viel kostet es künftig
Die neue Parkordnung gilt auf dem Bahnhofplatz
und hinunter bis Ende Bollwerk. Das Halteverbot und die gebührenfreien
Parkzonen werden ab nächsten Montag, 9. August, signalisiert. Ab Ende
August wird dann auch gebüsst.
Wer sein Velo oder Mofa ausserhalb der
markierten Zone abstellt, zahlt 20 Franken, gar 120 Franken kostet dasselbe
Vergehen für das Motorrad.
Innerhalb der Parkzone dürfen die
Fahrzeuge nur noch maximal vier Tage lang parkiert werden. Danach räumt
sie die Polizei weg. Velos und Mofas können im Park + Ride Neufeld
gegen eine Einstellgebühr von 20 Franken plus 4 Franken pro Einstelltag
abgeholt werden. Für fehlbare Motorradlenker wirds happig: Sie müssen
mit einer Abschleppgebühr von rund 220 Franken, einer Busse bis zu
100 Franken und einer Verzeigung rechnen.
Nach zwei Wochen kommen die nicht abgeholten
Velos ins Depot Scheibenstrasse. Sind drei Monaten verstrichen, werden
die Velos versteigert.
Auf den Signalisationstafeln ist die Kontaktnummer
der Verkehrspolizei angegeben.
wyl