Bundesamt für Verkehr
Sektion Bahn2000/HGV

3003 Bern
 

Bern, 20.9.2002
 

Einsprache gegen die "Planvorlage Knoten Bern" der SBB
 

Sehr geehrte Damen und Herren

Die IG Velo Bern erhebt hiermit Einsprache gegen das Bauvorhaben der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB AG "Planvorlage Knoten Bern, Leistungssteigerung /
Perronverlängerung" mit dem Bau einer neuen Passerelle westlich der Schanzenbrücke in
Bern.
 

Formelles

Die Interessengemeinschaft (IG) Velo Bern ist ein überparteilicher Verein i.S. von
Art. 60 ff ZGB mit dem Ziel, die Verbreitung und Sicherheit des Verkehrsmittels Velo zu
fördern, und die Interessen der Velofahrenden gegenüber Behörden und Privaten zu
vertreten. Sie besteht seit dem Jahr 1978, hat rund 3000 Mitglieder und ist in der Stadt
und Region Bern aktiv.
Die Einsprachelegitimation leiten wir ab aus
- Art. 35 Abs. 2 lit. b BauG;
- Art. 18f Abs. 1 EBG  i.V mit Art. 6 VwVG und Art. 48 Bst. a VwVG;
- dem Vereinszweck und den Statuten.
Die Einsprachefrist, welche bis und mit dem 23.9.2002 läuft, ist mit der Postaufgabe
eingehalten.
 

Vorbemerkungen

Die Velolobby nimmt erfreut zur Kentnis, dass die Schweizerischen Bundesbahnen eine
massive Stärkung und Attraktivierung des ÖV realisieren wollen. Die Kapazitätserhöhung
des Knotens Bern und die dazu nötigen Arbeiten stellen wir nicht grundsätzlich in Frage.
Hingegen befürchten wir durch den Bau der neuen Passerelle massive negative
Auswirkungen auf die bereits heute äusserst prekäre Veloabstellsituation.
 

Materielles

1. Wir bezweifeln, dass die Bewilligung für alle Teile des Bauvorhabens allein nach dem
Eisenbahngesetz und der Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für
Eisenbahnanlagen abgewickelt werden kann.
Zwar dient ein grosser Teil des Bauvorhabens primär dem Bahnbetrieb
(Gleisanpassungen, Perronverlängerung). Aber namentlich die Passerelle und die
darauf vorgesehenen Kommerzflächen dienen nicht nur dem Bahnbetrieb.
Wir sind der Meinung, dass die Passerelle und die Dienstleistungs- oder
Gewerbeflächen zonenrechtlich nicht dem Bahnareal zugerechnet werden können.
Vielmehr scheint die Anwendbarkeit des städtischen Nutzungszonenplans gegeben; es
sollte für diesen Teil ein kantonales Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden.

2. Durch die Vervielfachung der Passantenströme auf dem Westzugang des Bahnhofs
wird auch der Druck auf die bereits heute überbelegten Velo-Abstellflächen im Bereich
Schanzenbrücke  massiv zunehmen. Ohne Regelung und genügend Platz werden sich
für die Pendlerinnen und Pendler unzumutbare Situationen ergeben.
Da die ÖV-Betreiber die Benutzerinnen und Benutzer des nicht motorisierten
Zweiradverkehrs als wichtiges Kundensegment identifiziert haben und auch aktiv
Förderungsmassnahmen lancieren, sind diesbezüglich Anstrengungen notwendig. Der
Verzicht auf entsprechende Massnahmen wäre verantwortungslos.

3. Die Bahn steht in der Pflicht und Verantwortung, durch das von ihr verursachte
Verkehrsaufkommen beim Bahnhof Bern mit den Erweiterungsprojekten auch die
Veloabstellsituation umfassend und zweckmässig zu lösen.
Die Verantwortung liegt im vorliegenden Fall primär bei den SBB. Sollte die SBB
andere Trägerschaften in die Problemlösung einbinden wollen, so ist dies bilateral zu
regeln. Das Veloabstellproblem kann nicht an einen vage formuliertes Konzept
angebunden werden welches schlimmstenfalls, da rechtlich unverbindlich, einfach
ignoriert werden kann.

4. Durch die vorgesehen "Kommerz"flächen (Dienstleistung, Gewerbe, Restauration u.ä.)
auf der Passerelle wird auch Nicht-Bahn-Publikum angezogen, womit auch die
Bestimmungen über publikumsintensive Gewerbe- bzw. Dienstleistungsnutzung zur
Anwendung kommen können.

5. In der Publikation wird kein Zusammenhang hergestellt zwischen dem Bau der
Passerelle und der geplanten Velostation unter der Schanzenbrücke gemäss dem
Konzept Masterplan Bahnhof Bern.
Wir erachten es als nicht statthaft, den Bau der Passerelle gänzlich vom Bau der
Velostation abzukoppeln, weil die SBB damit die Verantwortung gänzlich an die Stadt
abzugeben scheinen, obwohl die meisten Kunden einer zukünftigen Velostation unter
der Schanzenbrücke SBB-Kunden sein werden.

6. Wir bezweifeln die Notwendigkeit des Abbruchs der alten Passerelle. Nach
Inbetriebnahme der neuen Passerelle wird die alte Passerelle zwar als
Fussgängerverbindung überflüssig, sie stünde aber als Zugang zu einer zukünftigen
Velostation zur Verfügung, der bauliche Anschluss wäre relativ einfach zu
bewerkstelligen.

Ausserdem wäre ein Zugang zur Velostation von Süden her über die ebenerdige alte
Passerelle wesentlich attraktiver, sicherer und kundenfreundlicher als die
Erschliessung über den Tunnel der Bahnhofdurchfahrt.
Ferner liessen sich dadurch jene Ströme von Kundinnen und Kunden mit Velo von
jenen ohne trennen, was erheblich sicherheitsrelevant ist.

Durch den Wegfall einer bereits bestehenden Baute am zweckmässigen Ort wären
hohe Zusatzkosten zu erwarten für die Erstellung der Zugänge zu einer Velostation.
Diese Kosten gefährden diese Velostation und damit das gesamte Veloabstellkonzept
im Bahnhofperimeter. Das Veloabstellkonzept hat bereits gewisse Einbussen erlitten.
Weitere halten wir für untragbar und nicht verantwortbar, zumal die SBB als wichtiger
Masterplan-Partner hinter dem Velokonzept stehen.

7. Wir fordern rechtliche Verbindlichkeit für die Schaffung von Velosabstellplätzen in der
Nähe der neuen Passerelle und beantragen das vorliegende Gesuch zurückzuweisen
bzw. mit Auflagen zur Bewältigung der Veloabstellsituation zu versehen.
 

Wir ersuchen die Bewilligungsbehörde, diese Einwände bei der Beurteilung des
Baugesuchs zu berücksichtigen und danken den SBB für das Verständnis und
Entgegenkommen.